Gweni – Portraitshooting im Hohenpeißenberger Moor

Kia Ora,

Ich heiße Gweni , bin 16 Jahre alt und habe mich letztes Jahr dazu entschlossen, ein anderes Schulsystem, ein anderes Klima und eine andere Kultur kennenzulernen. Deshalb habe ich meine Freunde und Familie verlassen, um für fünf Monate nach Neuseeland zu gehen.

Am 16. Juli 2019 begann meine Reise vom Frankfurter Flughafen mit ca. 30 anderen deutschsprachigen Schülern von meiner Organisation Travelworks. Es war schön in einer Gruppe zu fliegen und ich hatte die Chance, vier andere Schüler kennenzulernen, die auch auf meine Schule gegangen sind und hatte somit schon die ersten Kontakte geknüpft.

Wir hatten unsere Orientationdays in Singapur, wo wir auf unseren Auslandsaufenthalt vorbereitet wurden, aber auch viele Ausflüge, wie zum Beispiel eine Fahrradtour durch den Dschungel gemacht haben.

Danach ging es für uns weiter nach Neuseeland und in ein komplett anderes Leben.

Meine Gastfamilie bestand aus meiner Gastmutter und ihrer 15 jährigen Tochter, die alle zwei Wochen bei uns gewohnt hat und mit der ich mich sehr gut verstanden habe. Meine Schule war die Whakatane High School im Bay of Plenty, in der Nähe von Tauranga (Nordinsel), bei der man eine Schuluniform tragen musste.

Die ersten Wochen, besonders in der Schule, waren hart. Man muss erst einmal mit der englischen Sprache klarkommen und vor allem Anschluss finden war ziemlich schwer, denn die Schüler an meiner Schule sind Austauschschüler gewöhnt. Alle waren nett zu einem, fragen wie lange man bleibt und wo man her kommt, aber über Small-Talk ging es meist nicht hinaus.

Dadurch wurde mir klar, wie wichtig es ist, Stabilität in seinem Umfeld zu haben; immer jemanden zu haben, mit dem reden kann, wenn es mal nicht so läuft. Ich hatte am Anfang kein bisschen Stabilität, da ja auch die Sprache anders war. Jemanden, zum Reden hatte ich ebenfalls nicht und ich musste lernen, mit meinen Problemen alleine zurecht zu kommen. Das war sehr hart, als hätte man mich in eiskaltes Wasser geschmissen und gesagt „schwimm“. Aber auch das habe ich geschafft und bin daran gewachsen. Man lernt, Kontakte zu knüpfen, aber vor Allem, für sich alleine zu sein.

Ich habe auch viel Neues über mich herausgefunden, neue Leidenschaften und Talente, wie das Surfen, entdeckt.

Mit anderen Austauschschülern bin ich in den Frühlingsferien auf eine Südinseltour gegangen, bei der wir zwei Wochen mit einem Bus die gesamte Insel abgefahren und in Zelten geschlafen haben. Meistens waren wir genau unter Gletschern und haben gefroren wie verrückt.

Die Landschaft auf der Südinsel ist nicht zu vergleichen mit der, auf der Nordinsel. Auf der Südinsel gibt es überall atemberaubende Nationalparks, Gletscher, raue Küstenlandschaften, Fjorde und auch viele der „Herr der Ringe“ Drehorte.

Auch die Schule hat viel mit uns unternommen, wie zum Beispiel einen Tauchtrip, bei dem wir unseren Tauschschein erworben haben, nachdem wir in türkisblauem Wasser neben Korallen und Fischen tauchten,

ein Stadionbesuch beim Spiel von der neuseeländischen Rugbynationalmannschaft, den All Blacks, gegen die australischen Wallabys, oder mit einem Raftboot einen 7m hohen Wasserfall runterfahren. In Deutschland kaum zu glauben, dass eine Schule so etwas mit seinen Schülern unternimmt.

Von all diesen (und noch so vielen mehr!) Erlebnissen, gibt es dennoch eins, das mich am meisten verändert und geprägt hat. Vom dem Strand an unserer Stadt fahren fast jeden Tag Touristenboote zum naheliegenden Vulkan „White Island“, der mit dem Boot keine 2 Stunden entfernt mitten auf dem Meer liegt. So hat auch unsere Schule mit uns einen Ausflug dorthin gemacht. Man bekommt unter Anderem Atemschutzmasken für den stechenden Schwefeldampf auf der Insel und Einweisungen, was man machen soll im Falle eines Ausbruchs. Nachdem wir von den Booten auf die Insel geklettert waren, wurde uns gesagt, dass das Aktivitätslevel des Vulkans sich verdoppelt hat und dass wir umkehren dürfen, wenn wir wollen. Wir hatten alle unseren Spaß, standen am Krater und haben viele Touri-Fotos gemacht.

Eine Woche später sind an dem selben Ort mehrere Touristen gestorben, nachdem der Vulkan tatsächlich ausgebrochen ist. Ich habe den Ausbruch als eine der ersten vom Strand aus gesehen und miterlebt. Ich habe diesen Vulkan als eine der letzten Menschen in den Krater schauen können, bevor er für immer für Touristen gesperrt wurde. Dieses tragische Ereignis hat mir noch einmal klargemacht, was alles passieren, und wie schnell das Leben vorbei sein kann. Die Menschen werden die Natur nie bändigen können, wir können nie wissen, was als nächstes passiert, sie ist einfach unberechenbar.

Kurz danach bin ich wieder zurückgeflogen und wurde von meiner Familie und meinen Freunden wieder mit offenen Armen zuhause empfangen! Es war bereits nach einer Woche so, als wäre ich nie weg gewesen. Mit meinen Freunden und meiner Familie auf der anderen Seite der Welt habe ich immer noch Kontakt und hoffe natürlich auch, dass das so bleibt.

Am Anfang hat jeder zu mir gesagt, wie mutig ich doch bin, so etwas zu machen. Ich habe immer nur „Jaja“ gesagt und habe nicht so ein großes Ding daraus machen wollen. Als ich dann wirklich dort war, ist es mir erst bewusst geworden, wie mutig das tatsächlich war. Ich habe ein zweites Leben geführt, zwar viel kürzer, aber dafür umso intensiver. Ich habe in dieser Zeit mehr erlebt und über mich und die Welt herausgefunden, als all die Jahre davor. Mein Leben hat sich um 180° gedreht und ich musste lernen, mich selbst anzupassen. So oft ich glücklich war und viele Erfahrungen gesammelt habe, so oft war ich auch am verzweifeln und wollte nicht mehr. Aber ich habe die Möglichkeit aufzugeben, gar nicht erst in Betracht gezogen, mich dafür entschieden es auszuhalten, egal wie hart es wird. Und im Endeffekt wächst man daran. Außerdem bin ich viel selbstständiger geworden, aber auch selbstsicherer und selbstbewusster, bin quasi an meinen Aufgaben gewachsen. Aber wenn ich meine Freunde frage, ob ich mich seitdem verändert habe, verneinen sie das. Darüber bin ich auch sehr froh, da in einem so intensiv gelebten halben Jahr so viel mit der Persönlichkeit passieren kann, dass man danach ein völlig anderer Mensch sein kann – und das nicht selten im negativen Sinne. Wenn ich jetzt an die Zeit zurückdenke, habe ich immer ein Lächeln auf den Lippen und dennoch bin ich froh, dass es nicht jetzt ein Jahr früher ist und ich noch vor der großen Reise stehe und alles noch vor mir habe.

Denn zuhause ist es ja trotzdem immer noch am Schönsten!